Vulkansystem Santorini: Neue Messungen für verbesserte Frühwarnung
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Aktualisiert: vor 5 Tagen
Forschungsexpedition M215 baut Beobachtungssysteme im Rahmen der dritten DAM-Forschungsmission mareXtreme aus
17. Dezember 2025 | Kiel / Heraklion
Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel ist heute mit dem Forschungsschiff METEOR zur Expedition M215 (MULTI-MAREX Cruise 3) in das Gebiet der griechischen Inselgruppe Santorini aufgebrochen. Ziel der Ausfahrt ist es, das submarine Vulkansystem Santorini-Kolumbo detailliert zu untersuchen und innovative Beobachtungs- und Monitoringsysteme zu erproben, die künftig zu einer verbesserten Risikoabschätzung und Frühwarnung bei geomarinen Extremereignissen beitragen sollen.
Die Expedition ist Teil des Forschungsprojekts MULTI-MAREX, das im Rahmen der dritten Forschungsmission der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) „mareXtreme – Wege zu einem verbesserten Risikomanagement im Bereich mariner Extremereignisse und Naturgefahren“ durchgeführt wird. Innerhalb dieser Mission wird im zentralen Mittelmeerraum ein Real-Labor aufgebaut, um Prozesse wie Erdbeben, Vulkanismus und Tsunamis systematisch zu erfassen, zu modellieren und deren gesellschaftliche Auswirkungen besser zu bewerten.

Einzigartige Datengrundlage nach seismischer Krise
Unmittelbar nach der ersten MULTI-MAREX-Expedition im Winter 2024 ereignete sich im Frühjahr 2025 ein außergewöhnlich intensiver Erdbebenschwarm rund um Santorini mit mehr als 28.000 registrierten Einzelbeben. Da bereits vor Beginn der seismischen Krise Messinstrumente installiert worden waren und während der Ereignisse zusätzliche Daten erhoben werden konnten, verfügt das Forschungsteam nun über eine seltene, nahezu lückenlose Datengrundlage.
„Aus wissenschaftlicher Sicht befinden wir uns in einer außergewöhnlichen Situation“, erläutert Jens Karstens, mariner Geophysiker am GEOMAR und Co-Fahrtleiter. „Wir können Messungen unmittelbar vor, während und nach einer seismischen Krise miteinander vergleichen. Diese Vergleichsdaten eröffnen Erkenntnisse, für die sonst oft jahrzehntelange Beobachtungen notwendig wären.“
Santorini als geologischer und gesellschaftlicher Risikoraum
Santorini liegt in einer der tektonisch aktivsten Regionen des östlichen Mittelmeers. Die Inselgruppe bildet den Rand einer vulkanischen Caldera, die vor rund 3.600 Jahren durch eine der größten bekannten Eruptionen der Menschheitsgeschichte entstand. Etwa sieben Kilometer nordöstlich befindet sich der aktive untermeerische Vulkan Kolumbo, Teil eines aus mehr als 20 submarinen Vulkanen bestehenden Systems. Gleichzeitig zählt Santorini mit bis zu 3,5 Millionen Besucherinnen und Besuchern pro Jahr zu den wichtigsten touristischen Destinationen Griechenlands, was die Relevanz belastbarer Risiko- und Frühwarnkonzepte zusätzlich unterstreicht.

Frühwarnung einen Schritt früher ansetzen
Analysen von GEOMAR- und GFZ-Forschenden deuten darauf hin, dass der Erdbebenschwarm Anfang 2025 durch Magmabewegungen in der Tiefe ausgelöst wurde. Die Expedition M215 zielt nun darauf ab, die Reaktionsweise des Vulkansystems besser zu verstehen und mögliche zukünftige Szenarien zu bewerten.
„Die bisherigen Frühwarnsysteme basieren vor allem auf landgestützten Seismometern und GPS-Messungen“, erklärt Fahrtleiterin Prof. Dr. Heidrun Kopp, Professorin für Marine Geodäsie am GEOMAR und Projektleiterin von MULTI-MAREX. „Im Rahmen von mareXtreme wollen wir einen Schritt früher ansetzen und Prozesse am Meeresboden erfassen, bevor sie sich an Land bemerkbar machen. Dazu stehen wir auch in engem Austausch mit den zuständigen Stellen in Griechenland.“
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Stabilität der Vulkanhänge im Santorini-Kolumbo-Vulkanfeld und deren Verhalten bei tektonischer Aktivität – ein zentraler Aspekt für die Abschätzung potenzieller Hangrutschungen und tsunamigener Prozesse.
Innovative Mess- und Kommunikationssysteme
Während der Expedition werden bestehende Messstationen geborgen und neue Instrumente installiert. Dazu zählen unter anderem MOLA-Systeme (Modular Ocean Lander), die akustische Signale, Temperatur- und chemische Veränderungen am Meeresboden registrieren und untereinander kommunizieren können. Ziel ist es, ein Netzwerk zu testen, das Daten perspektivisch in nahezu Echtzeit an Land überträgt.
Ein besonderer Fokus liegt zudem auf dem Einsatz des am GEOMAR entwickelten MOMO-Videoschlittens, der eine millimetergenaue Kartierung des Meeresbodens erlaubt. Durch den Vergleich mit Messungen aus dem Dezember 2024 können Veränderungen an hydrothermalen Systemen im Krater des Vulkans Kolumbo und innerhalb der Santorini-Caldera detailliert analysiert werden.
Ergänzt werden die Arbeiten durch Ozeanbodenseismometer, magnetotellurische Messstationen, autonome Unterwasserfahrzeuge, Drohnenflüge sowie hochauflösende Echolotvermessungen.
Beitrag zur dritten DAM-Forschungsmission mareXtreme
Die während der Expedition gewonnenen Daten fließen unmittelbar in die Ziele der dritten DAM-Forschungsmission mareXtreme ein. Diese Mission verfolgt das übergeordnete Ziel, wissenschaftlich fundierte Grundlagen für ein verbessertes Risikomanagement mariner Extremereignisse zu schaffen und damit Entscheidungsprozesse in Politik, Verwaltung und Gesellschaft nachhaltig zu unterstützen.




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